Produktionswirtschaftliche Fragestellungen waren lange Zeit auf die Sachgüterproduktion
fokussiert. Ein wesentlicher Grund hierfür ist in einer stark institutionellen
Ausrichtung der Betriebswirtschaftslehre zu sehen. Mit dieser einseitigen
Ausrichtung ergibt sich der Nachteil, daß die in unterschiedlichen
Wirtschaftszweigen vorhandenen funktionalen Gemeinsamkeiten zerrissen werden.
Wissenschaftler, die diesen Nachteil erkannt haben, fordern dann auch eine
Neuausrichtung hin zu einer funktional orientierten Betriebswirtschaftslehre.
Die letzte Konsequenz einer derartigen Neuorientierung, nämlich die
Erfassung sämtlicher betrieblicher Leistungserstellungsprozesse in
einer Betriebswirtschaftslehre der Produktion, wurde aber noch nicht gezogen.
Die Produktionswirtschaftslehre geht damit einerseits mit einer Reduzierung
der klassischen Industriebetriebslehre, die sich durch eine weitgehende
Parallelität der Forschungs- und Lehrprogramme mit der Allgemeinen
Betriebswirtschaftslehre auszeichnet, und anderseits mit einer deutlichen
Erweiterung einher. Wenn die Produktion über sämtliche Wirtschaftszweige
hinweg betrachtet wird, ergibt sich der dargestellte Forschungsbereich
der Produktionswirtschaft. Durch diese funktionale Orientierung der Produktionswirtschaft
eröffnet sich die Möglichkeit, strukturgleiche Probleme in unterschiedlichen
Wirtschaftszweigen zu entdecken, und es kann untersucht werden, ob die
Methoden der Sachgüterproduktion unverändert oder modifiziert
auf die Produktion in anderen Wirtschaftszweigen übertragbar sind.
Funktions- und Institutionenlehren schließen sich jedoch nicht
gegenseitig aus. Es erscheint vielmehr fruchtbar, diese Ansätze, ähnlich
einer Matrixorganisation, parallel zu betreiben, da sie sich gegenseitig
zu befruchten vermögen.
Um die mit dem Produktionsmanagement verbundenen Fragestellungen mit einer
hinreichenden Differenzierung zu erfassen, erfolgt einerseits auf der Grundlage
des Kriteriums "Stärke und Dauer der Erfolgswirkungen" eine Unterscheidung
in strategisches, taktisches und operatives Produktionsmanagement und anderseits
unter Rückgriff auf das "3-P-Konzept" eine inhaltliche Differenzierung
zwischen Produkt- und Programmgestaltung, Potentialgestaltung sowie Prozeßgestaltung
und -steuerung. Mit einer kombinativen Verknüpfung beider Strukturierungsmöglichkeiten
entsteht ein konzeptioneller Rahmen mit neun elementaren Gestaltungsbereichen
des Produktionsmanagement. Der strategischen Programmgestaltung obliegt die Aufgabe der
Festlegung von Produktfeldern, die generelle Betätigungsfelder einer Unternehmung
charakterisieren. Die Konkretisierung der einzelnen Produktfelder hinsichtlich
der Breite und der Tiefe des Produktionsprogramms erfolgt durch die taktische
Programmgestaltung. Innerhalb der operativen Produktionsprogrammgestaltung
wird festgelegt, welche konkreten Produkte in welchen Mengen in den einzelnen
Perioden des unmittelbar anstehenden Planungszeitraums zu erstellen sind.
Aufgaben der strategischen Potentialgestaltung sind die Festlegung
der Produktionsstandorte, der Betriebsgröße, der Kapazitätsarten
etc. Fragen der Kapazitätsdimensionierung, des Technologieeinsatzes
sowie der Fixierung der grundsätzlichen Bestellpolitik stehen im Zentrum
der taktischen Potentialgestaltung. Der operativen Potentialgestaltung
obliegt die Aufgabe, die erforderlichen Produktionsfaktoren zur Realisierung
des Produktionsprogramms zu planen.
Während im Rahmen der strategischen Prozeßgestaltung die
Festlegung der generellen Produktionsabläufe erfolgt, obliegen der
taktischen Prozeßgestaltung die Entscheidungen über die innerbetriebliche
Standortplanung und der operativen Prozeßgestaltung die Realisation
eines optimalen Einsatzes vorhandener Kapazitäten und eines wirtschaftlichen
Vollzugs der Aufgabenerfüllung.
Neben diesen elementaren Gestaltungsbereichen werden weiterhin integrative
und übergreifende Aspekte des Produktionsmanagement wie etwa PPS-Systeme,
Qualitätsmanagement, Human Ressourcen Management und Umweltmanagement
einbezogen, um u.a. Verflechtungen zwischen den aufgezeigten Gestaltungsbereichen
zu verdeutlichen.
Eine so verstandene Produktionswirtschaft weist intensive Wechselwirkungen einerseits zu einzelnen Wirtschaftszweiglehren (wie Versicherungsbetriebslehre, Handelsbetriebslehre, Bankbetriebslehre etc.) und anderseits zu sogenannten Querschnittsfunktionen wie Logistik, Wirtschaftsinformatik und Planung auf.